Der 15. klangfruehling vom 12. bis zum 16. Mai 2015 stand ganz im Zeichen der Globalisierung – in der positivsten Bedeutung dieses Wortes: nämlich dem Schöpfen aus den reichen Möglichkeiten uralter Musikkulturen der Welt als Inspirationsquelle für eine vom Publikum überraschend gut angenommene Gegenwartsmusik. Von den dargebotenen Werken, viele davon Uraufführungen, seien einige Höhepunkte hervorgehoben:
- Ichirei Shikon, ein Quartett für Violine, Shakuhachi, Koto und Shamisen von Hiromasa AIZAWA, das in der altjapanischen Musiktradition verwurzelt ist, vorgetragen von Akteuren in altjapanischen Kimonos ,
- die Werke Astor PIAZZOLLAS in denen aus dem Tango von Buenos Aires begnadete Kunstmusik hervorwuchs, die heute allen Konzertsälen der Welt zur Ehre gereicht,
- die abgeklärten Jazzparaphrasen von Eduard KUTROWATZ und die originellen Werke Anton MÜHLHOFERS, in denen sich seine Erfahrungen mit afrikanischer und kubanischer Musik niederschlagen,
- die hochemotionalen Präludien der in Sibirien geborenen Lera AUERBACH und die Pensieri der aus Taiwan stammenden klangfruehling-Bratschistin Cynthia LIAO, die sich als Meisterin der musikalischen Karikatur erwies.
Wie gewohnt und vom klangfruehling-Publikum auch nicht anders erwartet, standen die Brüder Kutrowatz wieder bei (fast) allen Konzerten auf der Bühne des Granariums. Vor allem ihre virtuosen Piazzolla-Interpretationen und die Hereinnahme „vergessener“ Liszt-Stücke für Violine und Klavier, die als CD mit Christian SCHOLL und Eduard KUTROWATZ in Bälde auf den Markt kommen, werden dem Publikum noch lange in Erinnerung bleiben. Zu Unrecht „vergessen“ auch Alexejewitsch BUNIN, der erste russische Literaturnobelpreisträger. Sein Seelengemälde einer Frau, die auf ihre poesievollen Briefe über Jahre hinweg keine Antwort des von ihr angebeteten Dichters erhält, breitete Katharina STEMBERGER in berührender Form vor uns aus.
Ausnahmsweise seien auch zwei der vielen Zugaben erwähnt: das Presto aus Ludwig van BEETHOVENS Streichtrio op. 9/1, vom klangfruehling-Trio in einem mörderisch-lustigen Prestissimo dargeboten, ohne an Tonqualität zu verlieren (atemberaubend Luis ZORITA am Cello!), und ein von den Brüdern Kutrowatz als letztes Stück des letzten Konzerts wie in Trance gespielter Brahms-Walzer für zwei Klaviere.
Fotos: Pressefoto Weber